Welttierschutztag: River and Nature Trust mit Forellenprojekt in Oberösterreich

Am 4. Oktober denkt man an Eisbären, Löwen, Tiger oder Wale, dabei liegen bei uns in Österreich die Probleme vor der Haustüre. Peter Schröcksnadels neue Naturschutzorganisation geht genau dorthin, wo es Hilfe braucht.

Die Bachforelle, als Leitfisch der alpinen und höheren Regionen unseres Landes kann sich auch eigener Kraft kaum mehr in größeren Massen reproduzieren. Große Teile des Bestandes in den Flüssen sind Besatzfische. Es gibt jedoch wirksame wissenschaftliche Programme, die der Bachforelle eine Zukunft sichern können. 

Gemeinsam mit der BOKU Wien und dem Projektleiter Dr. Christoph Hauer startet der River and Nature Trust an der Großen Mühl ein Programm, das Hoffnung macht. Wir haben den Wissenschaftler interviewt.

RNT: Zunächst einmal, was sind die Probleme, welche die Bachforellen an den Rand gedrängt haben?

Die Bachforelle hat viele Probleme. Beginnen wir Begradigungen für landwirtschaftliche Nutzung und Hochwasserschutz und der Fragmentierung der Wanderkorridore durch die Wasserkraft. Die Wasserkraft ist auch für Restwasser und Sunk-Schwall verantwortlich, man hat zum Beispiel noch das Massensterben an der Sill in Tirol im Gedächtnis. Die Fische leiden auch durch Einträge von Fest- und Schadstoffen in Mengen die der Fluss mit seinen nicht vorhandenen oder stark eingeschränkten Möglichkeiten zur Umlagerung nicht mehr verarbeiten kann, oder die biologischen Abbauprozesse hier nicht mehr greifen.

Prädatoren und Fischkrankheiten sind weitere Probleme. Letzteres wird wiederum befeuert durch die steigenden Wassertemperaturen, hervorgerufen durch die Klimaerwärmung.

All dies erzeugt Druck auf die Bachforelle und alle anderen Fischarten, aber auch andere Spezies, wie Muscheln oder Krebse.

RNT: Erzählen Sie uns die Bedeutung der Großen Mühl für das Bundesland und für die Spezies dort?

Die Große Mühl ist sehr speziell in Bezug auf ihre Entstehungsgeschichte und ihren geologischen Eigenschaften. Sie läuft über eine lange Strecke, von der Grenze zu Bayern bis nach Haslach an der Mühl in einer geologischen Störungszone, wo so genannte Quetschgesteine (Mylonite) das Grundsubstrat bilden. Sie ist dadurch sehr stabil und lagert sich auch bei sehr großen Hochwässern kaum um. Die Große Mühl ist auch das größte Fließgewässer des Mühlviertels und ist daher auch für unterschiedlichste Fischarten historischer und aktueller Lebensraum. Historisch muss der Huchen bezeichnet werden, der derzeit (ohne Besatz) nicht nachgewiesen ist. Die Große Mühl war auch historisch für ihr gewaltiges Flussperlmuschelvorkommen berühmt. Das mit Flussmuschelperlen besetzte Priesterkleid des Stiftes Schlägl zeugt noch heute von dem ehemaligen Vorkommen der heute im Fluss als fast ausgestorben geltenden Art.”

RNT: Wie wird die BOKU unter Ihrer Leitung dieses Projekt angehen, was ist das wissenschaftliche Ziel?

“Wir werden uns die mittel- und langfristigen Veränderungen im System der Großen Mühl genau ansehen. Es geht hier vor allem um die nur in geringer Anzahl vorhandenen und daher umso bedeutenderen Kieslaichplätze der Bachforelle. Die “Versandung” ist hierbei ein schleichender Prozess, der durch den vermehrten Eintrag von Feinsediment aus den Flächen, intensiviert durch den Klimawandel mit lokalen Starkniederschlägen, diese besonderen Habitate mitunter nachhaltig schädigt. Einige Beispiel kennen wir bereits, wo bedeutende Kieslaichplätze in den letzten Jahren verschwunden sind. Das konkrete Ziel ist den Ist-Bestand an potenziellen Laichplätzen zu erheben, Defizite und Handlungsbedarf aufzuzeigen bzw. zu antizipieren und davon Managementvorschläge abzuleiten.”

Christoph Hauer, Foto Andreas Röbl

RNT: Wie können die Ergebnisse in Taten zu Verbesserung umgesetzt werden und welche Voraussetzungen werden Sie dann brauchen, aus einer rechtlichen, wie auch aus einer ökologischen Sicht.

“Die Managementvorschläge werden in der ersten Phase sehr einfach gestaltet werden. Jeder Fischereiberechtigte / – verein entlang der Großen Mühl wird über das Fischereirevier Rohrbach eingeladen werden an einer Schulung teilzunehmen, wie Kieslaichplätze an der Gr. Mühl anzusprechen und zu “pflegen” wären. Weiter wird es ein Infoblatt zum Management von Kieslaichplätzen an der Gr. Mühl geben.

RNT: Nächste Frage, betreffend die BOKU: Wie groß und wichtig ist dort der limnologische Teil und was bedeutet diese Forschungsarbeit für Österreich?

“Die BOKU hat mehrere Institute die sich mit dem Wasser- und den Lebewesen der Fließgewässer beschäftigen. Wir sind vom Institut für Wasserbau, wo ich mich mit meiner Arbeitsgruppe im Themenfeld “Ökohydraulik” als Schnittstelle zwischen dem Flussbau, den Prozessen im Fließgewässer – vor allem Sedimenttransport und ihrer Wechselwirkung mit der aquatischen Zönose engagiere.

Ich denke, dass vor allem die prozesshafte Betrachtung und Herangehensweise hier für die Forschung aber vor allem auch für das Management der Fließgewässer von zentraler zukünftiger Bedeutung ist.”

RNT: Gehen wir zu Ihnen als Person und dem Fisch als schutzbedürftiges Lebewesen: Denken Sie, der Fisch ist den Menschen weniger wert, da unter Wasser und ohne Streichelfell, bzw. was fasziniert Sie an diesen Tieren?

“Für viele Menschen haben Fische eine Faszination. Es gibt genug Haushalte, wo Aquarien ein fixer Bestandteil der Einrichtung sind. Fische sind unheimlich zielstrebig und nutzen dabei die gegebenen und sich verändernden hydraulischen Rahmenbedingungen. Sie sind nachgiebig und zielstrebig zugleich. Nutzen jede Chance sofort. Das finde ich faszinierend….”

RNT: Danke für das Interview, wir freuen uns für unsere Leser:innen schon auf erste Berichte, vor Ort, von der Großen Mühl.

Mehr zur „BOKU“: https://boku.ac.at/

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