THAUR: Heimat der Urforelle & Genussmanufaktur seit 520 Jahren!

Viele unserer Fischerfreundinnen kennen den Film, den wir zum Release des River and Nature Trust in Thaur gedreht haben. Wir haben Fischereiwirtschaftsmeister Nik Medgyesy zum Interview gebeten, weil er sich in Sachen Soldatenflige gemeldet hatte und nach Neuem aus der “Krippe der Urforelle gefragt”:

Der Anlass für diesen Beitrag ist die Frage, die wir mit unserem Artikel über die Soldatenfliege in die Community gestellt haben: Ist dieses Insekt die Zukunft der Fischzucht?

Es dauerte nicht lange, da läutete das Telefon und Fischereiwirtschaftsmeister Nik Medgyesy jun. gab seinen Kommentar dazu. Wir nutzten die Zeit und nahmen das Gespräch zum Anlass, gleich ein wenig mehr zum aktuellen Stand in einer der ältesten Fischzuchten Europas einzuholen.

RNT: Hallo Nik, steigen wir gleich ein, der Umgang mit der Soldatenfliege ist in Thaur nichts Neues, erzähle uns Deine Erfahrungen, nachdem du den Anlassartikel gelesen hast:

“Die Soldatenfliege als möglicher Proteinlieferant zur Erzeugung von Fischfutter ist seit Jahren im Gespräch und Basis zahlreicher Forschungsprojekte. Dieses Insekt verzehrt als Larve Gemüseabfälle und vermehrt sich rasant, – eine Voraussetzung, die Begehrlichkeiten in Hinblick auf einen günstigen Proteinlieferanten für die Futtermittelindustrie weckte. Dies mag im kleinen Maßstab gut funktionieren, ist aber für eine industrielle Produktion mit tausenden Tonnen Rohprotein kaum vorstellbar. Um ein kg Fisch zu produzieren, müssten 10kg (Nassgewicht) Insekten gefressen werden bzw. müssten die Soldatenfliegen 100kg Pflanzen fressen. Der zweite Teil der Geschichte ist der unangenehme Geruch und Geschmack der Soldatenfliege, der sie vor dem Gefressen werden schützt. Ursächlich dafür ist eine übel riechende Säure, die kostenintensiv extrahiert werden müsste. Für eine Weiterverarbeitung zu Trockenfutter müsste dann alles getrocknet und zermahlt werden. Bei diesen Prozessen entstehen Proteinstäube die Allergien hervorrufen können.- In Summe viel zu teuer” 

RNT: Was ist denn nach Deinen Erfahrungen für die Urforelle das beste Zuchtfutter und was wären nachhaltige Alternativen?

Für die Aufzucht der Urforelle (Donaustämmige Bachforelle), sowie ihrer Verwandten aus der Familie der Salmoniden (Lachsartige Fische) wie Regenbogenforelle, Saibling, Seeforelle, Lachs, … werden seit Jahrzehnten Futtermittel produziert, die laufend dem Stand der Forschung angepasst werden. Es sind dies Trockenfuttermittel, die als Alleinfutter dem Fisch vom Zeitpunkt der ersten Nahrungsaufnahme bis zu seiner Vermarktungsgröße verfüttert werden. Sie sind den Bedürfnissen des Fisches während seiner Entwicklung optimal in ihrer Zusammensetzung an Proteinen, Vitamine, Mineralien, Ballaststoffe, … angepasst. Nach wie vor ist Fischmehl das beste und günstigste Protein für die Fischproduktion und Basis aller gängigen Futtermittel.

Nachhaltige Alternativen wären z.B. Insekten wie Heimchen, bzw. Insektenlarven (Mehlwürmer), aber auch kleine Friedfische (Karpfenartige). Problematisch sind die benötigten Mengen und die Produktionskosten für alternative Futterqualitäten. Wenn ich nur ein paar Fische, quasi als Hobby in einem Teich hätte, wäre eine Aufzucht mit den erwähnten natürlichen Futtertieren möglich, aber nicht, wenn man von der Fischproduktion leben muss.  

RNT: Die Seeforelle ist in Österreich so gut wie nicht mehr vorhanden, in Deinen Spezies steckt auch ein Stück Urforelle, kann die Seeforelle wieder angesiedelt werden?

Die Seeforelle ist eine großwüchsige Variante der Bachforelle. Sie kommt bei uns in kühlen Alpen- und Alpenvorlandseen vor und laicht in ihren Zuflüssen. Für ihren massiven Rückgang ist der Mensch verantwortlich, mit all seinen Eingriffen in die Gewässer, in den Abfluss (Restwasser), mit Gewässereinbauten und Barrieren (Wanderhindernisse), Landwirtschaftliche, Kommunale und Industrielle Schadstoffeinträge, aber auch durch fasche Bewirtschaftung, … Eine Wiederansiedlung der Seeforelle in ihren ursprünglichen Lebensraum ist nur mit großzügigen Rückbauten (Entfernung der Wanderhindernisse) in ihren Laichgewässern möglich, sowie mit Unterbindung von Schadstoffeinträgen in die Gewässer und mit einem ausgefeilten Bewirtschaftungskonzept.

RNT: Sie gilt als der exzellenteste alpine Speisefisch, warum lieben Deine Gastronomen das Fleisch so sehr?

Die Seeforelle wächst im Vergleich zur Bachforelle in kühlem Wasser etwas schneller. Sie hat ein festes, schmackhaftes Fleisch und erreicht ihre Geschlechtsreife erst im 4. bzw. 5. Lebensjahr. Bis dorthin steckt sie die ganze Energie, die sie mit der Nahrung aufnimmt in das Wachstum und nicht in die Reproduktion, wie ihr kleinerer Verwandte, die Bachforelle. So haben 1-1,5kg schwere, noch nicht geschlechtsreife Seeforellen feste Seiten und geben wunderbare, große, geschmackvolle Filets.

RNT: Wie lange dauert ein Fisch bis zur Tellerreife?

Meine Fische brauchen im reinen Quellwasser bei 8°- 9°C Wassertemperatur 3-4 Jahre bis zur Schlachtreife.

Wir sind kein Mastbetrieb, sondern zählen auf Qualität. Wir halten die Fische artgerecht in Naturteichen, wo sie genügend Platz haben und neben einer niedrig dosierten Fütterung auch Anflugnahrung und Bodentiere vorfinden, das ergibt eine top Qualität. 

Regenbogenforellen erreichen in Mastbetrieben bei 16°- 18°C nach 1 – 1 ½ Jahren Speisefischgröße. Das Fleisch eines schnell wachsenden Fisches ist weich und wässrig. Die Fleischqualität eines langsam wachsenden Fisches ist unvergleichlich besser und natürlich teurer.

RNT: Zurück zur Krippe der Urforelle, der Fischzucht und ihren Aufgabe im Sinn der Arterhaltung, wo stehen da die nächsten Arbeiten an.

Zurzeit haben wir in der Fischzucht Thaur ca. 120.000 Urforellen Jungfische. Ihre Aufzucht bis zum Herbst, wo sie als Sömmerling Besatz in die Freiheit entlassen werden, sind nicht einfach. Ihre Haltung ist mit viel Erfahrung und Fingerspitzen Gefühl verbunden, da diese Forellen von Wildfischen abstammen und sich äußerst aggressiv gegenüber ihren Artgenossen verhalten. Daneben werden bis zum Herbst neue Elterntiere besorgt. Diese werden auf ihre Donaustämmige Abstammung genetisch untersucht und falls es sich um reine Urforellen handelt, ins Zuchtprogramm aufgenommen.

RNT: Hattest Du auch heuer wieder Besuche von Schulklassen, um ihnen dieses Erbe zu erklären, bzw. wie ist der Zuspruch seitens der Besucher: innen?

Ja, das Interesse an Fischen ist groß und die Führungen werden jeweils an den Entwicklungstand und dem Interesse der Kinder angepasst. Es kommen Schulklassen während des Jahres, aber auch in den Sommerferien mache ich für den Tourismus im „Ferienexpress“ speziell organisierte Führungen für Volksschüler. Es macht große Freude, wenn man sieht, wie die Kinder und ihre Begleitpersonen bei meinem Vortrag aufmerksam zuhören und Fragen stellen. Ich erzähle über die Biologie der Fische, über die Lebensräume und Strukturen, die sie während ihrer Entwicklung benötigten, als auch über die Gefahren denen die Fische in der Natur ausgesetzt sind.

Ich erkläre ihre Entwicklung beginnend bei den abgelegten Eiern im Kiesbett, über die Larve mit Dottersack, Jungfisch bis hin zum erwachsenen, geschlechtsreifen Fisch. Weiters erkläre ich, wie die Produktion der Fische in der Fischzucht durchgeführt wird und zeige die dazu benötigten Geräte. Großes Interesse finden natürlich die in der Fischzucht produzierten Arten, wie die Urforelle (Donaustämmige Bachforelle), Seesaibling, Seeforelle und die Tigerforelle. Am lebenden Fisch werden die Erkennungsmerkmale dieser Fische erklärt.  Wenn es gewünscht wird, seziere ich einen Fisch und erkläre die Organe und Funktion von Kiemen, Herz, Leber, Magen, Darm, Niere, Seitenlinienorgan.

Die Führungen durch die Fischzucht Thaur sind für Alt und Jung stets ein Highlight.”

Vielen Dank Nik! Hier geht es zur Homepage der Fischzucht in Thaur

Alle Fotos: Homepage der Fischzucht Thaur

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