Warum Österreichs Flüsse durch Prädatoren ihre Fische verlieren und was jetzt passieren muss, bitte lesen und weiter erzählen.
Wo sind die Äschen, die Forellen und die anderen Leitfische geblieben?
An einem sonnigen Sommertag steht ein Fliegenfischer aus Tirol am Ufer des oberen Inn – der grüne Fluss ist klar, ruhig oder rauschend – und doch fehlt das Leben. Wo einst Äschen tanzten, herrscht heute Stille.
Ortswechsel: Eine Befischung durch den RNT im Kapellenbach bei Kössen offenbart das Drama: Innerhalb von nur drei Monaten verschwanden nahezu alle adulten Bachforellen, obwohl bis auf Biberbauten keine offensichtlichen Störungen vorlagen – ein eindeutiger Hinweis auf intensiven Prädationsdruck.
Lebensadern in Gefahr
Die alpinen und voralpinen Bäche und Flüsse nicht nur in Tirol, sondern im ganzen Land bilden Heimat einzigartiger Lebensräume: Leitfischarten wie Bachforelle, Äsche und Huchen reflektieren die Gesundheit eines Gewässers. Doch Bäche und Flüsse sind schwer unter Druck.
Prädatoren im Fokus: Otter, Kormoran, Reiher
Im Kapellenbach, einst eine sichere Kinderstube der Bachforelle, verschwanden binnen drei Monaten nahezu alle adulten Exemplare – obwohl der Nachwuchs aus natürlicher Reproduktion oder auch zum Test eingesetzte Urforellen aus Thaur in Tirol. Das spricht klar für massiven Prädatorendruck.
“Heuer beim Abstreifen der Mutterfische im Oberland mussten wir feststellen, dass über 80 Prozent der Fische Verletzungen von Vögeln aufwiesen und dass die Zahl an Äschen deutlich zurückgegangen ist“, notiert der Landesobmann des Tiroler Fischereiverbandes, Andreas Schiechtl.
Gert Gradnitzer, Präsident des österreichischen Fischereiverbandes ergänzt:
“Die Schonung der autochtonen Bestände unserer Gewässer ist die vordringliche Aufgabe, die nur durch ein bewusstes und entschlossenes Management der Arten an den Flüssen geregelt werden kann. Es ist nicht fünf, sondern eins vor zwölf”
BOKU-Wien-Untersuchungen mit markierten Äschen zeigen Fraßquoten von bis zu 50 % durch Kormorane, bevor die Fische überhaupt laichen konnten – ein Muster, das sich auf Bachforellen gleichermaßen übertragen lässt. Verluste der Biomasse an der Drau in Kärnten übersteigen die 90%, was einzelne Arten betrifft.
Wer gibt den Fischen eine Stimme? Die Fischer selbst sind es!
Alle Landesverbände des Österreichischen Fischereiverbandes, genauso aber auch das österreichische Kuratorium für Fischerei und Gewässerwirtschaft mahnen dringend und immer wieder: Fische brauchen denselben Schutz wie Vögel und Otter, mittlerweile sogar mehr, denn die Prädatoren sind eine Übermacht. Ein fairer Dialog muss Naturschutz mit ökologischem Fischmanagement verbinden. Der Kapellenbach-Fall zeigt stellvertretend für hunderte Gewässer: Leitfischarten sind kein Luxus, sondern ein Frühwarnsystem für ganze Ökosysteme, sie haben seit -zig Jahrtausenden ihren Platz in der Natur und das soll so bleiben.
Verbrechen an den Bächen: Wenn unsere Gewässer Zielscheibe menschlichen (Miss)Handelns werden:
Jüngst wurden allein in wenigen Tagen vier Fälle mutwilliger oder fahrlässiger Gewässerverletzungen veröffentlicht – etwa durch illegale Entsorgung. Das ist umso drastischer zu sehen, denn der weitaus größere Teil schafft es nicht an die Öffentlichkeit. Diese Umweltverbrechen treffen die Kinderkrippen der Salmoniden, der Krebse, der Muscheln, der Cypriniden, kurzum aller Tiere in Seitenbächen von essentieller Bedeutung für das natürliche Aufkommen. Der River and Nature Trust und das ÖKF fordern härtere Strafmaßnahmen: Diese Taten sind kein Kavaliersdelikt – sie sind Angriffe aus Dummheit und Ignoranz auf die Biodiversität unserer Bäche und auf die Überlebenschancen sensibler Arten. Harte Strafen von bis zu 25.000 Euro sollen direkt in die Wiederherstellung fließen.
Ein Sommer wie damals – ein Zeil für uns Fischerinnen und Fischer:
Der RNT fordert verbindliche Schutzkonzepte, einheitliche Managementstrategien für die Balance der Arten an den Flüssen. Zugleich muss gegen jene vorgegangen werden, die unsere Bäche bewusst schädigen – mit klaren Strafen und gesellschaftlicher Ächtung.
Denn nur so kann ein Sommer wie damals zurückkehren – mit lebendigen Flüssen, wild jagenden Äschen und springenden Bachforellen. Und mit dem Versprechen: Wir geben den Fischen eine Stimme – in der Politik, in den Medien und in unseren Herzen.
Quellen
- River and Nature Trust:
Offizielle Website: https://www.riverandnaturetrust.org - BOKU Wien – Universität für Bodenkultur:
Studien und Projektberichte des Instituts für Hydrobiologie und Gewässermanagement (u. a. Dr. Kurt Pinter) - https://boku.ac.at/
- Tiroler Fischereiverband:
Stellungnahmen und Presseaussendungen zu Prädatoren-Problematik und Fischrückgängen, abgerufen über:
https://www.tiroler-fischereiverband.at - ORF Tirol:
„Tirols Äschenbestand stark dezimiert“, ORF.at, 25. Juli 2025, https://tirol.orf.at/stories/3304379/ - Österreichisches Kuratorium für Fischerei & Gewässerschutz (ÖKF):
Stellungnahme zur strafrechtlichen Relevanz von Umweltvergehen (in Kooperation mit dem RNT), abgerufen über:
https://www.oekf.at - EU-Umweltbüro:
Artikel zu Gefährdung heimischer Fischarten und Prädatorenmanagement, abgerufen über:
https://www.eu-umweltbuero.at - Telefonisches Interview mit Gert Gradnitzer
- Titelfoto: Michael Pointner auf Pexels